Schmerztherapie - konservativ, operativ, neuromodulativ

Allgemeines
Schmerzen sind der häufigste Grund, warum Patienten einen Arzt aufsuchen. Man muss unterscheiden zwischen dem Schmerz als Symptom für einen krankhaften Prozess innerhalb des Körpers und dem Schmerz als eigenständige Krankheit. Im ersten Fall dienen Schmerzen dazu den Körper vor einem drohenden Schaden zu warnen. In diesen Fällen ist die Suche nach einer Ursache der Schlüssel für eine erfolgreiche Behandlung wie z.B. bei einem Bandscheibenvorfall als Ursache für Beinschmerzen.
Aber der Schmerz kann auch die eigentliche Krankheit sein. Bei chronischen Schmerzen hat der Schmerz seine Warnfunktion verloren. Die Suche nach einer Ursache, die sich beheben ließe, ist in diesen Fällen oft nicht erfolgreich. Zahlreiche Ärzte werden scheinbar erfolglos konsultiert. Zermürbend ist für die Patienten zusätzlich, dass für ihre Umwelt keine äußerlich erkennbaren Krankheitszeichen vorliegen. Patienten mit Schmerzen müssen sich deshalb häufig gegeüber ihren Mitmenschen erklären und die Schmerzkrankheit stößt in ihrem sozialen Umfeld auf Unverständnis.
Entsprechend der Art der Schmerzen unterscheidet sich auch die Therapie. Denn während beim akuten Schmerz die Behandlung der Ursache im Vordergrund steht, ist beim chronischen Schmerz die Behandlung der Schmerzen die eigentliche Therapie. Der Schmerz Ursache und Symptom gleichzeitig also eine eigene Erkrankung. Die Behandlung chronischer Schmerzen ist dann eher vergleichbar mit der Behandlung eines Bluthochdrucks, der häufig einer dauerhaften Medikamenteneinnahme bedarf. Aus der gezielten Behandlung chronischer Schmerzsyndrome hat sich die neue Disziplin der Schmerztherapie entwickelt. Unter dem Begriff der Schmerztherapie werden verschiedene Therapiestrategien zusammengefasst. Dies kann durch Physiotherapie, Schmerzmedikamente, durch gezielte Blockaden (Injektionen) oder durch neurochirurgische Eingriffe zur Schmerzmodulation erreicht werden (Näheres hierzu s.u.)

Grundsätzliches zur Behandlung von chronischen Schmerzen
Wenn eine behandelbare Ursache der Schmerzen bei längerdauernden Beschwerden nicht gefunden werden kann, oder die Ursache der Schmerzen möglicherweise bereits abgeheilt, aber der Schmerz verblieben ist, geht es um die Behandlung der Schmerzen an sich. Im Zentrum der Diagnostik steht zunächst die genaue Differenzierung des Schmerzcharakters, wobei wir im Folgenden auf den neuropathische Schmerz eingehen, der im schmerzleitenden Nervensystem selbst aufgrund krankhafter Veränderungen des Nervensystems entsteht. Ein Beispiel hierfür wären brennende Dauerschmerzen in einem Bein, die dem Versorgungsgebiet eines Nerven folgen, und mit Berührungsempfindlichkeit einhergehen. Solche Beschwerden könnten z.B. nach einem Bandscheibenvorfall auftreten, welcher im Bild inzwischen nicht mehr nachzuweisen ist. Hier ist von einer unzureichenden Erholung des Nerven auszugehen und es handelt sich um einen häufigen Grund für einen neuropathischen Schmerz. Das Verteilungsmuster neuropathischer Schmerzen (wo ist der Schmerz) gibt dann Auskunft über den vermeintlichen Schädigungsort.

Therapie von akuten und chronisch neuropathischen Schmerzen
Ein Beispiel für die Behandlung akuter Schmerzen stellt die Bandscheibenoperation bei therapierefraktären Lumboischialgien (Beinschmerzen) dar und ist an anderer Stelle näher ausgeführt.
Ein häufiger Grund für chronische Schmerzen sind sogenannte neuropathische Schmerzen z.B. als ausstrahlende Schmerzen nach erfolgter Behandlung eines Bandscheibenvorfalls, nach einer Gürtelrose (Zoster), bei Polyneuropathie oder nach traumatischen Verletzungen (Sudeck Syndrom, CRPS). Dabei handelt es sich um Schmerzen, die durch Veränderungen im Nerven selbst entstehen. Betroffene Patienten klagen trotz Operation oder nach intensiver konservativer Therapie weiterhin über ausstrahlende Schmerzen in die Arme oder Beine. Als Zeichen der Nervenschädigung findet sich begleitend häufig eine bleibende Sensibilitätsstörung (z.B. Taubheitsgefühl) oder sogar eine Muskelschwäche. Den Patienten zermürben aber insbesondere die dauerhaft brennenden Schmerzen, Schmerzattacken oder einschießende Schmerzen bei Berührung bestimmter Hautareale als Zeichen einer fehlerhaften Nervenfunktion. Nach Schätzungen der amerikanischen Gesundheitsbehörde sind bei einem Drittel dieser Patienten mit Schmerzmitteln die Schmerzen nicht auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. In diesen Fällen kann durch Methoden der Neuromodulation eine weitere Linderung der Schmerzen erzielt werden. Dabei handelt es sich um minimal invasive operative Verfahren, bei denen die schmerzhaften Nervenimpulse erkrankter Nerven durch elektrische Signale unterdrückt werden.
Wenn die neuropathischen Schmerzen noch nicht lange bestehen, d.h. erst seit einigen Monaten oder kürzer, besteht die Möglichkeit der Therapie mit einem gepulsten Hochfrequenz-Radiotherapie Katheter (Pasha Katheter). Es handelt sich hierbei auch um eine sogenannte neuromodulatorische Behandlung, d.h. dass man die Nervenbahnen, welche die Schmerzsignale senden, in Ihrer Funktion beeinflusst. Diese Nerven feuern ständig Signale ab, die als Schmerz empfunden werden. Mit der neuen Methode hat man die Möglichkeit eine Art „Reset“ (Nullstellung) am Nerven durchzuführen. Der Nerv kann danach seine Funktionen wieder normal ausführen. Die Nervenbahnen werden hierbei nicht zerstört. Es handelt sich für den Patienten um einen wenig belastenden Eingriff, der nur mit geringen Risiken verbunden ist und der in örtlicher Betäubung durchgeführt wird. Hierbei wird ein spezieller Katheter über einen Nadelstich in den Wirbelkanal eingebacht. Unter Durchleuchtungskontrolle führt der Operateur den Katheter dann genau an den zu behandelnden Nerven. Dann erfolgt eine gepulste Hochfrequenz-Radiotherapie am Nerven, die einige Minuten dauert und nicht als schmerzhaft empfunden wird. Danach wird der Katheter direkt wieder entfernt. Der Eingriff dauert ungefähr 20-30 Minuten. Meist ist relativ rasch nach dem Eingriff bereits eine Besserung der Beschwerden zu verspüren. Das volle Ausmaß der Besserung erfolgt aber erst schrittweise in den folgenden drei Wochen. Dies ist mit Umbauvorgängen innerhalb der Nerven zu erklären.
Bestehen die neuropathischen schon lange (Jahre) ist eine andere Form der Neuromodulation erforderlich. Auch hierbei wird eine Elektrode auf das Rückenmark „gelegt“ und dann im Verlauf an einen Schrittmacher unter der Haut (ähnlich einem Herzschrittmacher) als Energiequelle angeschlossen. Die elektrischen Impulse werden zum Teil als angenehmes Kribbeln empfunden und die Schmerzsignale werden unterdrückt. Diese Methode nennt sich Spinal Cord Stimulation (SCS).
Wir haben seit 1999 Erfahrung mit dieser Methode, die für ausgewählte Patienten mit chronischen Schmerzen eine segensreiche Behandlungsmöglichkeit darstellt. Der Eingriff erfolgt auch in örtlicher Betäubung bei dem die Elektroden in den Wirbelkanal eingebracht werden. Es erfolgt dann eine Testphase, in welcher der Patient zunächst den Effekt der Nervenstimulation auf seinen Schmerz beurteilt. In dieser Testphase wird ein externer Schrittmacher (kleiner Kasten) an die Elektroden angeschlossen. Ist die Schmerzlinderung für den Patienten zufriedenstellend, wird in einem zweiten Schritt ein Nervenstimulator unter die Haut implantiert. Eine Feineinstellung ist auch im weiteren Verlauf dann von außen möglich.

Handelt es sich um reine Rückenschmerzen ohne Ausstrahlung der Schmerzen in Arm oder Bein besteht ebenfalls die Möglichkeit diese mit einer Neurostimulation zu behandeln. Bei der Methode der peripheren Nervenfeld-Stimulation (PNFS) werden die Elektroden nicht in den Spinalkanal sondern unter die Haut gelegt. Zwischen den beiden eingebrachten Elektroden wird ein elektrisches Feld aufgebaut, welches das schmerzhafte Areal am Rücken abdeckt. Diese Methode hat allerdings Limitierungen. Sie kann nur angewendet werden wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: Die schmerzende Fläche am Rücken sollte idealer Weise nicht größer als eine Hand sein, der Schmerz muss immer an der gleichen Stelle sein, also kein Wanderschmerz, der mal höher, mal tiefer am Rücken lokalisiert ist und es sollte sich um einen Dauerschmerz handeln, der nicht nur bei Bewegung, sondern auch in Ruhe vorhanden ist. Wie oben beschrieben werden auch bei dieser Methode die Elektroden in örtlicher Betäubung eingebracht und es erfolgt zunächst eine Testphase bevor der Nervenstimulator in einem zweiten Eingriff implantiert wird.

Bei Patienten, die sowohl chronische Rückenschmerzen als auch chronisch neuropathische Beinschmerzen haben lassen sich die oben beschriebenen Methoden auch kombinieren.

Schematische Darstellung der Neuromodulation
Schematische Darstellung der Neuromodulation
 
Schematische Darstellung der Neuromodulation – Detailvergrößerung
Schematische Darstellung der Neuromodulation – Detailvergrößerung


Bilder mit freundlicher Genehmigung der Firma