Der Bandscheibenvorfall

Allgemeines
Die Bandscheibe besteht aus einem Ring und einem Kern. Der Kern fungiert als „Puffer“ oder „Stoßdämpfer“ zwischen den einzelnen Wirbelkörpern. Der Ring hat die Funktion den Kern in der Mitte der Bandscheibe festzuhalten.
Im Laufe unseres Lebens altern die Bandscheiben. Dieser Vorgang beginnt im frühen Erwachsenenalter. Trotzdem ist es nicht vorprogrammiert, dass jeder von uns einen Bandscheibenschaden im Sinne eines Bandscheibenvorfalles entwickelt.

Wer bekommt einen Bandscheibenvorfall?
Es gibt eine genetische Disposition hierfür, was allerdings auch nicht bedeutet, dass jemand mit einer solchen genetischen Veranlagung auch unbedingt einen Bandscheibenvorfall bekommt. Es kommen vermutlich viele Faktoren zusammen, aufgrund derer sich dann ein Bandscheibenvorfall entwickelt. Es ist z.B. bekannt, dass sehr hoch gewachsene Menschen, bestimmte Arten von Leistungssport und auch das Rauchen ein höheres Risiko in sich bergen, an einem Bandscheibenvorfall zu erkranken. Dass körperlich schwere Arbeit (wie sie z.B. Bauarbeiter verrichten müssen) oder vieles Sitzen ein Risiko darstellt, ist falsch. Dies kann zwar zu anderen Abnutzungserscheinungen an der Wirbelsäule führen, führt jedoch nicht gehäuft zu Bandscheibenvorfällen.

Warum bekommen wir Bandscheibenvorfälle?
Ganz allgemein ist sicherlich die Tatsache nicht zu vernachlässigen, dass wir ursprünglich auf vier Beinen gelaufen sind und unser aufrechter Gang nicht zu unserer Wirbelsäule passt. Auch ist unserer Körper von Natur aus nicht darauf ausgelegt, dass wir so alt werden wie es uns die Zivilisation derzeit ermöglicht. Es handelt sich bei einem Bandscheibenvorfall also um eine Erkrankung, die wir als Einzelperson nicht verschuldet haben und der wir auch nicht vorbeugen konnten. Die Frage „was habe ich falsch gemacht“ erübrigt sich.

Aber was passiert da genau?
Die in dem Bandscheibenkern enthaltenen Substanzen (insb. die Glykosaminoglykane = Mukopolysaccharide) verändern sich im Laufe des Lebens (sie werden ersetzt durch Dermatansulfat = Polysaccharid-Protein-Komplex), wodurch die Bandscheibe nicht mehr so gut Wasser binden kann. Sie trocknet langsam aus. Die Flüssigkeit ist jedoch nicht nur für die Elastizität der Bandscheibe, sondern auch für die Ernährung wichtig. Die junge gesunde Bandscheibe wird nicht über Blutgefäße ernährt, sondern durch einen Austausch von Nährstoffen an den angrenzenden Knochen (Knorpelabschlussplatten der Wirbelkörper). Durch die Bewegung der Wirbelsäule und der Bandscheiben kommt es im Inneren der Bandscheibe zu einem Flüssigkeitsstrom, der die Nährstoffe transportiert. Fehlt diese Flüssigkeit, kommt es zu einem Nährstoffmangel und die Bandscheibe wird porös. Die Folge ist ein Einwachsen von neu gebildeten Blutgefäßen zur Versorgung der Bandscheibe. Diese Blutgefäße wachsen durch den Ring, was diesen zusätzlich brüchig macht. Durch die eingeschränkte „Pufferwirkung“ wird auch die mechanische Beanspruchung des Ringes und des Kernes größer.

Bandscheibenvorfall

Wann spricht man von einem Badscheibenvorfall?
Kommt es zu der oben erwähnten größeren mechanischen Beanspruchung der Bandscheibe bei nachlassender Elastizität, können sich der Faserring und das hintere Längsband der Wirbelsäule in den Spinalkanal vorwölben. Mann spricht von einer Bandscheibenvorwölbung oder Protrusion. Entsteht ein Riss im Ring der Bandscheibe, kann sich ein Teil des Kernes durch diesen Riss durchpressen und wird so in den Wirbelkanal gedrückt. Es handelt sich dann um einen Bandscheibenvorfall.

Was verursacht die Schmerzen?
Das ausgetretene Bandscheibenmaterial liegt im Wirbelkanal und drückt auf die dort liegenden Nerven, die nicht ausweichen können und den auf ihnen lastenden Druck als Schmerz melden. Die Schmerzen, die dem Patienten gemeldet werden sind jedoch nicht unbedingt nur im Rücken oder Nacken, sondern auch im Bein, bzw. im Arm. Dies liegt daran, dass die Nerven in der Lendenwirbelsäule eigentlich die Funktion haben Scherzen im Bein zu melden. „Funkt“ ein solcher Nerv eine Schmerzmeldung an unser Gehirn, so wird dies automatisch mit einem Scherz im Bein gleichgesetzt. Diesen „Beinschmerz“ nehmen wir dann wahr. Die Nerven in der Halswirbelsäule vermitteln uns analog Armscherzen.
Ist der Druck auf diese Nerven besonders stark, kommt es dazu, dass die Nerven einen Teil ihrer Funktionen einstellen. Dies äußert sich in Gefühlsstörungen (Taubheitsgefühle oder Kribbeln in Armen oder Beinen) und in Lähmungen (Kraftverlust im Fuß, Bein oder Arm).
Es ist aber nicht nur der mechanische Druck auf dem Nerven, welcher uns Schmerzen bereitet, sondern auch die hierbei ablaufende Entzündungsreaktion. Das ausgetretene Bandscheibenmaterial führt zu einer lokalen Entzündungsreaktion, die ebenfalls den Nerven reizt, was wiederum über den Schmerz wahrgenommen wird.
Grundsätzlich sind die Halswirbelsäule und die Lendenwirbelsäule am häufigsten betroffen. Bandscheibenvorfälle an der Brustwirbelsäule sind sehr selten.

Wie häufig sind Bandscheibenvorfälle?
Die Wahrscheinlichkeit im Laufe des Lebens an Rückenschmerzen zu erkranken beträgt 60 – 90 %. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Bandscheibenvorfall für die Rückenbeschwerden verantwortlich ist, beträgt nur 1 – 3 %. Von diesen wenigen Patienten mit einem Bandscheibenvorfall müssen nur ca. 12 % operativ behandelt werden.